T.C. Boyle
- Das wilde Kind -
(Der Hörverlag)

Captain Blitz urteilt:

Ende des 18. Jahrhunderts wird in Frankreich ein 12-jähriges Kind völlig verwildert vorgefunden. Victor, wie man den Jungen nennt, kann nicht sprechen und besitzt keine Manieren, dennoch möchte man ihn in die Gesellschaft integrieren. Bei der umliegenden Bevölkerung und selbst bei den Wissenschaftlern gilt Victor als die Sensation schlechthin. Wird es allen Beteiligten gelingen, den Jungen in die Gesellschaft aufnehmen und zivilisieren zu können oder ist das "Experiment" von Anfang an zum Scheitern verurteilt?

- Meinung -

T.C. Boyle scheint einen niemals enden wollenden Fundus an Ideen zu besitzen und er lässt sich in keine Ecke verfrachten oder drängen. Diesmal geht es um die mögliche Reintegration eines verwilderten Kindes in die französische Gesellschaft des 18. Jahrhunderts. Boyle hätte es sich "einfach" machen und die Geschichte in der heutigen Zeit erzählen können, doch der einfache Weg ist anscheinend nicht Boyles Ansinnen. Es wird jedenfalls eine interessante Geschichte geboten, die in 172 Minuten erzählt wird und davon ist keine einzige Sekunde auch nur ansatzweise langweilig. Wird man den wilden Jungen noch integrieren können oder handelt es sich bei Victor um einen hoffnungslosen Fall? Ist die Gesellschaft nicht auch auf ihre ganz eigene Art und Weise wild? Können nicht sogar die zivilisierten Menschen etwas von dem Jungen lernen? Es werden jedenfalls eine ganze Menge Fragen aufgeworfen, über die auch die Hörerschaft nachdenken sollte, denn das Hörbuch hat mehr zu bieten, als nur den stumpfen Konsum. Eine faszinierende Geschichte aus der Feder Boyles, der hier einmal mehr seine beeindruckende Vielseitigkeit unter Beweis stellt.

Mit Boris Aljinovic hat man einen ganz erfahrenen und routinierten Erzähler mit von der Partie, der sein Handwerk absolut versteht und man kann sich automatisch sicher sein, dass er eine mehr als ordentliche Performance abliefert. Das gelingt ihm auch wunderbar, er geht sehr facetten- und abwechslungsreich zu Werke und es ist beeindruckend anzuhören, wie er mühelos zwischen den Stimmungen wechselt. Mal klingt er sehr ernst, dann bringt er traurige Momente gekonnt rüber, dann hört man ein Augenzwinkern durch, wirklich klasse gemacht und Aljinovics Auftritt ist einer der Gründe dafür, warum dieses Hörbuch so gut funktioniert.

Da bedarf es auch keiner Untermalung, denn auch so herrscht die richtige Stimmung vor und die Atmosphäre fällt meiner Meinung nach ziemlich ich dicht aus. Durch die Handlung und Boris Aljinovics Performance lebt das Frankreich des 18. Jahrhunderts bestens auf und all das, obwohl es eine reine Lesung ist.

Wieder ein sehr interessantes Werk von T.C. Boyle, das ich nur empfehlen kann. Es ist auf seine ganz eigene Art und Weise spannend und man fragt sich die ganze Zeit über, ob es Victor gelingen wird, Teil der Gesellschaft zu werden. Wer sich für eine derartige Geschichte interessiert, der ist hier an der richtigen Stelle.

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Der Hörverlag

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