Prof. Sigmund Freud Nr. 1
- Das zweite Gesicht -
(STIL)

Captain Blitz urteilt:

Mord am Burgtheater, die Tochter des Theaterleiters ist tot, doch wer ist der Täter? Diese Frage hält den Ermittler Karl Gruber (Andreas Fröhlich) schon gehörig auf Trab, doch die rätselhaften Umstände setzen der ganzen Angelegenheit noch die Krone auf, denn die Leiche ist absolut blutleer. Handelt es sich bei dem Mörder tatsächlich um einen Vampir oder soll nur alles darauf hindeuten, um auf eine falsche Fährte zu locken? Gruber wendet sich an Prof. Sigmund Freud (Hans Peter Hallwachs), aber kann der Psychoanalytiker überhaupt helfen?

- Meinung -

STIL hat es getan und produziert nun auch auf eigene Rechnung, ein erfreulicher Schritt und mit Prof. Sigmund Freud bringt man auch gleich die erste eigene Serie. Also alles bestens und vor allem die Poe-Jünger bekommen endlich einen gleichwertigen Ersatz? Schön wäre es, aber dem ist leider nicht so und der Auftakt hat mich schon ein wenig enttäuscht, wenn auch "nur" in inhaltlicher Hinsicht. Zum einen habe ich mich gefragt, was diese Serie eigentlich sein will, will sie nur ganz gewöhnliche Krimis präsentieren, in denen Freud ermittelt oder möchte man hier komplexe Psychoanalysen in Hörspielform abliefern, die mit einem gewissen Krimielement aufgebohrt werden. Wie dem auch sei, für meinen Geschmack hat Autor Heiko Martens, nicht ganz klar gemacht, wohin die Reise gehen soll und die erste Folge hat mich auch so inhaltlich nicht überzeugt. Dabei geht es mir nicht um die Vorstellung der Charaktere, da gibt es nichts zu meckern und von einem ellenlangen Geplänkel und einer langatmigen Vorstellung der Protagonisten ist nichts zu hören, viel mehr habe ich hier ein Problem mit den mangelnden Ermittlungen und dass am Ende urplötzlich alles doch recht zufällig aufgeklärt wird. Der Spannungsbogen will hier nicht richtig sitzen und das ist eigentlich auch das größte Manko des Auftakts. Kurzweilig erzählt ist dieses Hörspiel zwar, packen wollte es mich aber leider nicht vollends, mehr als solide ist der inhaltliche Teil jedenfalls nicht.

Dafür ist die Sprecherriege aber wirklich klasse, alleine die Hauptrollen laden einen zum Zuhören ein. Hans Peter Hallwachs als Professor Sigmund Freud ist schon eine echte Hausnummer, das kann man gar nicht anders sagen und wie er mit all seiner Routine voran marschiert und die Hörer in den Bann zieht, das ist schon eine feine Sache. Doch was ist besser als ein Zugpferd? Richtig, zwei Zugpferde und das zweite ist in diesem Fall Andreas Fröhlich als Karl Gruber, dem nicht so ganz sattelfesten Ermittler. Hier und da mal ein paar Bedenken, die eine oder andere Unsicherheit, Heldentum hört sich anders an und das hat mir gut gefallen. Dadurch wird der Charakter sympathisch und glaubwürdiger, das weiß zu gefallen. Das gilt auch für Felicitas Woll als Anna Freud, die durchaus zu überzeugen weiß, aber im direkten Vergleich mit Hallwachs und Fröhlich etwas blass bleibt, was man ihr aber nicht mal so wirklich ankreiden kann, das liegt wohl einfach in der Natur der Sache. Ihre Leistungen ist aber gut und sie gibt als Anna vor allem Gruber ordentlich Contra, das gefällt. Ebenfalls fest zur Stammcrew gehören Freuds Es und Über-Ich, nämlich Cathleen Gawlich und Nicolas Artajo, die zwar keine großen Auftritte haben und über deren Stimmen auch noch Effekte gelegt worden sind, ihren Reiz haben ihre Einsätze aber dennoch. Wer sind die Gäste? In der ersten Folge mischen Rolf Zacher, Sascha Rotermund, Gerald Schaale, Klaus-Peter Grap, Kerstin Sanders-Dornseif und weitere mit, eine sehr prominente Riege und die Leistungen sind durch die Bank weg überzeugen. Allen voran trumpft in dieser Folge Sascha Rotermund auf, eine tolle Darbietung.

Die Untermalung weiß zu gefallen, fällt aber dezenter aus, als man es sonst von STIL gewohnt ist. Sicher, die Klänge sind klasse, es herrscht eine dichte Atmosphäre vor, aber trotz der Beteiligung des Berliner Filmorchesters hatte ich stets das Gefühl, dass STIL hier den eigenen Standard nicht so ganz halten kann, das geht eindringlicher und intensiver und auch mehr unter die Haut. Soundtechnisch ordentlich, sowohl von der Musik her, als auch von der Geräuschkulisse, alles in allem ist aber noch Luft nach oben vorhanden.

Ich werte den Einsatz von Dr. Salwa Meier mal als Bonusmaterial, denn wirkliche Auswirkungen auf das Hörspiel an sich hat dieser Part am Ende nicht wirklich und das ist auch gut so, denn sonst würde sich das eher negativ auf die Produktion auswirken. Die Idee an sich, das hier präsentierte Thema, wissenschaftlich zu untermauern, ist ja alles andere als verkehrt, dafür aber die Art und Weise, wie diese Theorien präsentiert werden, umso mehr. Wie sie ihre Ausführungen erzählt ist sehr anstrengend und geht an die Nerven, vor allem dauert es, bis die Gedanken in einigermaßen halbwegs verständliche Sätze gebracht worden sind. Tut mir leid, aber das hätte man sich entweder schenken oder von einem Profi vortragen lassen sollen, die Texte hätte Dr. Salwa Meier ja trotzdem beisteuern können.

Waren meine Erwartungen zu hoch? Vielleicht, denn STIL ist und bleibt für mich eine der besten Hörspielschmieden überhaupt. Den Auftakt dieser Serie finde ich aber "nur" gut, denn ich weiß, dass Simon Bertling und Christian Hagitte deutlich mehr können. Meine Vorfreude war ebenfalls groß und nachdem meine Lieblingsserie "Edgar Allan Poe" das Zeitliche gesegnet hat, habe ich hier auf einen gleichwertigen Ersatz gehofft, doch Freud kann Poe nicht das Wasser reichen. Ein solider Krimi, der beim eigentlichen Fall Kommissar Zufall mit der Brechstange arbeiten lässt, dafür stimmt aber weitestgehend die Inszenierung. Ich hoffe und erwarte, dass man sich mit kommenden Folgen steigern wird!

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